Wer ist produktiver - ein Kopf im angestrengten Dauerstress oder in gelassener Ausgeglichenheit?
Von vielen Großen ist bekannt, dass sie extrem diszipliniert vorgegangen sind und dabei Wert auf regelmäßige Pausen gelegt hatten. Überbeanspruchung ermüdet das Gehirn und erhöht seine Frequenz, was Erschöpfung, Anspannung bis hin zu einem Angstempfinden noch weiter verstärkt. Sein volles Potenzial dagegen entfaltet unser Gehirn Im niedrigeren Alpha- und Thetabereich. Eine innere Aufmerksamkeit und Wachheit, kreative Inspiration und Entspannung sind das Ergebnis eines ruhigen oder beruhigten Geistes.
Für Ruhe existieren heute zahlreiche Synonyme - Achtsamkeit, Gelassenheit, Einfachheit, etc.
Achtsamkeit erlebt gerade einen Hype. Unser Umgang mit diesem essentiellen Thema gleicht jedem früheren und heute längst in Vergessenheit geratenen Hype - ein Ausdruck unserer Erwartungshaltung mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel zu erreichen. Dabei übersehen wir, dass Achtsamkeit weit, weit mehr als eine Modeerscheinung ist. Und dass diejenigen, die Achtsamkeit tatsächlich praktizieren, sich darin Jahre oder gar ein Leben lang üben. Achtsamkeit ist ein Grundhaltung, eine Lebenseinstellung, die wir nicht in einem Schnellkurs verinnerlichen, um danach zügig wieder in tradierte Verhaltensmuster zu fallen, mit dem Unterschied, diese nun praktizierte Achtsamkeit zu nennen.
Steve Jobs: „Das ist eines meiner Mantras, Konzentration und Einfachheit. Einfachheit kann schwieriger sein als Komplexität; um Dinge einfach zu halten, muss man sich aktiv um klares Denken bemühen.“
Ruhe, Einfachheit und klares Denken jedoch empfinden wir weit schwieriger und anstrengender, als inhaltsleer zu plappern und zu handeln. Jeder, der etwa um eine konstruktive Meetingkultur bemüht ist, weiß genau davon in Lied zu singen. Andere, insbesondere ältere Kulturen pflegten die Kunst einer ruhevollen, meist meditativen Vorbereitung, bevor sie so von Einsicht gestärkt zu Wort und Tat schritten. Die Renaissance dieser Kunst kann zudem kreatives Querdenken fördern und notorisch negatives Denken und Reden durchbrechen, weil dieser Prozess ganz automatisch die Wichtigkeit persönlicher Egos relativiert.
„Nur in der Ruhe kann man ernsthaft arbeiten“, so Pablo Picasso.
Eine optimale Produktivität lebt aus der Balance von Leistungs- und Ruhephasen. Wohldosierte Pausen fördern die Kreativität und den Output durch konzentriertes Arbeiten, wie zahlreiche Untersuchen belegen und damit die Statuten von Medizin und Gehirnforschung bestätigen. Selbst bei einem „stillen“ Brainstorming, bei dem jeder Teilnehmer seine Ideen still und in Ruhe für sich selbst entwickelt, entstehen produktivere und kreativere Beiträge, als wenn ein Team alle Gedanken spontan verbal äußert.
Kaum eine Eigenschaft wird in unserer Kultur so gering geschätzt wie Ruhe.
Unsere Prägung von Kindesbeinen an heißt „Müßiggang ist aller Laster Anfang“. Alleine bei dem Gedanken an Ruhe schlägt unser Gewissen an. Für viele, die dennoch den Wert der Ruhe erkannt haben und die Kunst der Ruhe deshalb als Teil der Kunst der Arbeit leben möchten, kann eine gute Brücke die Praxis einer aktiven Ruhe sein. Wie auch vielen eine aktive Meditiation bedeutend leichter fällt als ein strenges ruhiges Sitzen. Eine aktive Ruhe hat viele Gestaltungsmöglichkeiten: Das intensive Beobachten oder Erforschen eines fremden oder bekannten Gegenstands, für ein paar Minuten vom Stuhl aufzustehen und sich durch den Raum zu bewegen, ein Lied oder eine Melodie zu trällern, etwas vermeintlich Unsinniges auf ein Blatt oder ein Flipchart zu schreiben oder zu zeichnen, eine Liebesbotschaft an den Partner zu schicken, eine Runde Tischkicker mit Kollegen - aber vollständig ohne zu sprechen, die Möglichkeiten sind unbegrenzt, und immer fokussiert auf den Rückzug vom Außen. Ein Innehalten, um daraus erfrischt und mit neuer Kraft aufzutauchen und wieder ganz präsent zu sein.