Change im Unternehmen: Was Veränderung so schwierig macht

Veränderungen gehören zum Arbeitsalltag – und dennoch fühlen sie sich im ersten Moment oft wie Störungen an. Manchmal genügt ein externes Ereignis, damit alles ins Rutschen kommt: neue gesetzliche Anforderungen, ein sich verschärfender Wettbewerb oder der Druck, Prozesse zu digitalisieren, weil Kunden schneller, flexibler oder individueller betreut werden wollen. Auch interne Gründe können Veränderungen nötig machen, etwa wenn bestehende Strukturen das Wachstum bremsen, Innovationszyklen immer kürzer werden oder die Einführung neuer Technologien ein ‚Weiter so‘ schlicht unmöglich macht.

 

Auf dem Papier klingt all das wie eine Frage guter Planung. Doch in der Praxis zeigt sich immer wieder: Die Hürden, die es im Change Management zu bewältigen gilt, liegen selten allein in der technischen oder fachlichen Umsetzung. Sie liegen vor allem in Widerständen, die es zu überwinden gilt – im Widerstand der Organisation und im Widerstand der Menschen, die innerhalb ebendieser Organisation arbeiten.

 

Was das konkret bedeutet und wie professionelles Change Management diese Herausforderungen meistert? Die Experten von SEMINAR INSTITUT zeigen es Ihnen.

 

Never change a running system: Warum Organisationen Veränderung bremsen

Erfolg- und insbesondere traditionsreiche Unternehmen sind relativ stabile Gebilde – schließlich bilden sie über Jahre und Jahrzehnte hinweg Routinen aus, die eine reibungsarme Zusammenarbeit ermöglichen. Aus Sicht der Organisationssoziologie erfüllen sie damit einen zentralen Zweck: Sie reduzieren Komplexität. Niklas Luhmann beschreibt Organisationen als soziale Systeme, die Stabilität erzeugen, indem sie Erwartungen verfestigen und Entscheidungen wiederholbar machen. Veränderung erscheint aus dieser Perspektive nicht als natürlicher Zustand, sondern als Irritation des Bestehenden.[1]

 

Auch die Organisationsforschung weist auf diese strukturelle Trägheit hin. Hannan und Freeman sprechen von organisationaler „inertia“, also einer Art Beharrungskraft, die Unternehmen gegenüber schnellen Veränderungen weniger anpassungsfähig macht.[2] Prozesse, die sich über Jahre eingeschliffen haben, lassen sich nicht per Beschluss über Nacht neu strukturieren. Informelle Netzwerke, versteckte Normen und Abhängigkeiten zwischen Abteilungen führen dazu, dass Veränderungen zwar leicht beschlossen sind, im Arbeitsalltag dann aber oft nicht umgesetzt werden.

 

Ein Beispiel aus der unternehmerischen Praxis verdeutlicht diesen Mechanismus. Stellen wir uns ein mittelständisches Produktionsunternehmen vor, das sein Controlling modernisieren und auf eine neue Software umstellen will. Die Vorteile liegen auf der Hand: bessere Datenqualität, schnellere Analysen, mehr Transparenz. Doch kaum beginnt die Einführung, zeigt sich Widerstand aus verschiedenen Richtungen. Die Buchhaltung fürchtet Mehraufwand, die Produktion sieht keinen Mehrwert und das Management unterschätzt, wie eng das alte System mit etablierten Entscheidungswegen verzahnt ist. Am Ende ist die technische Lösung zwar bereit, doch die Organisation ist es nicht.

 

Der Wandel kommt erst voran, wenn die Unternehmensleitung all diese informellen Hürden ernst nimmt, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten neu definiert, den Übergang aktiv begleitet und Widerstände kooperativ auflöst. Mit anderen Worten: Erst wenn professionelles Change Management einsetzt, das den organisationalen Widerstand als solchen erfasst und löst, können neue Strukturen entstehen.

 

Verlustaversion und Risikoscheue: Warum Menschen Veränderung meiden

Doch nicht nur Organisationen widerstehen Veränderungen, die nicht angemessen begleitet werden. Auch Menschen reagieren auf Veränderung häufig mit Zurückhaltung oder Ablehnung. Die psychologischen Gründe dafür sind gut erforscht. Ein zentrales Phänomen ist die sogenannte Verlustaversion – die Tendenz, Verluste stärker zu gewichten als gleich große Gewinne. In ihrer ‚Prospect Theory‘ haben Daniel Kahneman und Amos Tversky gezeigt, dass Menschen potenzielle Risiken emotional stärker wahrnehmen als mögliche Vorteile.[3] Übertragen auf das Arbeitsleben bedeutet das: Selbst wenn ein Veränderungsprozess objektiv Verbesserungen verspricht, überwiegt bei vielen Mitarbeitern das Gefühl, etwas Vertrautes, vermeintlich Funktionierendes aufzugeben.

 

Hinzu kommt der Status-quo-Bias, die grundsätzliche Präferenz für den gegenwärtigen Zustand.[4] Veränderungen erzeugen kognitiven Aufwand, weil sie Routinen und Entscheidungen infrage stellen, die dann neu ausgehandelt werden müssen. Kahneman beschreibt diesen Unterschied als Spannungsfeld zwischen ‚cognitive ease‘ und ‚cognitive strain‘: Was vertraut ist, erfordert kaum mentale Energie, doch alles, was für uns neu ist, strengt uns an.[5] Daher empfinden viele Menschen Veränderung als Belastung.

 

Stellen wir uns etwa ein Dienstleistungsunternehmen vor, in dem ein hybrides Arbeitsmodell eingeführt werden soll. Die Geschäftsführung erwartet mehr Produktivität und höhere Mitarbeiterzufriedenheit. Doch die Fachkräfte, die natürlich im Laufe der Zeit ihre ganz eigenen Routinen entwickelt haben, reagieren skeptisch. Nicht, weil sie Home-Office grundsätzlich ablehnen, sondern weil Unklarheit entsteht: Wie werden Meetings organisiert? Welche Regeln gelten? Wie hält man den Zusammenhalt im Team aufrecht? Die Unsicherheit über mögliche Verluste – an Struktur, an Sicherheit, an sozialem Kontakt – wiegt schwerer als die potenziellen, in der Zukunft liegenden Vorteile. Veränderungsprozesse haben daher immer auch eine emotionale Dimension. Die Frage lautet selten nur ‚Was müssen wir tun?‘, sondern meist auch: ‚Was bedeutet das für mich?‘

 

Symbolbild: Schild mit der Aufschrift "Changes ahead"

 

Wie beide Formen des Widerstands zusammenwirken

Organisationaler und individueller Widerstand sind zwar eigenständige Phänomene, doch sie verstärken sich oft gegenseitig. Wenn Strukturen unklar sind, steigt die Unsicherheit der Mitarbeiter. Und wenn die Mitarbeiter skeptisch sind, reagieren Führungskräfte oft zögerlich – was wiederum wichtige Schritte im Change-Prozess verlangsamt. In diesem Zusammenspiel entsteht leicht ein Teufelskreis, in dem die Organisation auf Akzeptanz wartet, die aber nicht entstehen kann, weil es den Menschen an Orientierung fehlt.

 

Ein drittes kleines Beispiel aus der Unternehmenspraxis verdeutlicht diese Dynamik: In einem wachsenden Technologieunternehmen soll die Projektorganisation umgestellt werden. Die Struktur ist inzwischen zu groß geworden, um innerhalb der alten Abläufe effizient zu bleiben. Doch die Einführung neuer Rollen und Verantwortlichkeiten verläuft schleppend. Führungskräfte greifen mangels Zeit auf altbekannte Entscheidungswege zurück, Mitarbeitende meiden neue Tools, weil sie unzureichend eingebettet sind. Erst als die Geschäftsleitung den Wandel als Gesamtprozess versteht – mit klarer Kommunikation, Beteiligungsformaten und ausreichenden Ressourcen –, beginnen Organisation und Mitarbeiter, den Change und dessen Zielsetzung mitzutragen.

 

Veränderungen souverän begleiten – mit SEMINAR-INSTITUT

Erfolgreiches Change Management bedeutet, Widerstände zu verstehen und konstruktiv zu managen. Unternehmen, die Wandel erfolgreich gestalten, schaffen Räume für Beteiligung, klären früh, wo Unsicherheiten liegen und achten auf eine Kommunikation, die allen Beteiligten Orientierung gibt. Wir helfen Ihnen und Ihrem Team dabei, Veränderung als Chance zu sehen – mit Seminaren, Coaching und Consulting von SEMINAR-INSTITUT.

 

In unserem Themenkreis „Change Management“ finden Sie eine Vielzahl an Weiterbildungsangeboten rund um den Change im Unternehmen. Angefangen bei unserem einsteigerfreundlichen Seminar „Change Management Grundlagen“ bis hin zu spezialisierten Management-Seminaren wie „Mitarbeiterführung im Change Management“ und „Konfliktbewältigung im Change Management“ liefern wir Ihnen praxisnahe Impulse, mit denen Sie Veränderungsprozesse aktiv gestalten und ihre Teams sicher durch anspruchsvolle Phasen des Wandels begleiten können.

 

[1] Luhmann, N. (1978). Organisation und Entscheidung. Westdeutscher Verlag.

[2] Hannan, M. T. & Freeman, J. (1984). Structural Inertia and Organizational Change. American Sociological Review, 49(2), 149–164.

[3] Kahneman, D. & Tversky, A. (1979). Prospect Theory: An Analysis of Decision Under Risk. Econometrica, 47(2), 263–291.

[4] Kahneman, D., Knetsch, J. L. & Thaler, R. H. (1991). Anomalies. The Endowment Effect, Loss Aversion, and Status Quo Bias. In: Journal of Economic Perspectives 5(1), 193–206.

[5] Kahneman, D. (2011). Thinking, Fast and Slow. Farrar, Straus and Giroux.

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